Schön war’s das Zürifäscht. Drei Jahre haben wir gewartet, gehofft und gebangt und dann war es letztes Wochenende endlich da. Jeder und dem seine Oma hat den Weg in unsere schöne Stadt gefunden und sich an den reichhaltigen Unterhaltungsmöglichkeiten erfreut. Unzählige Bars, Foodstände und Festlokalitäten luden zum Verweilen und Betrinken ein und es war alles in allem ein herrliches Fest. Trotzdem, oder genau deshalb, hier ein paar meiner Gedanken zum vergangenen Wochenende.
Der Abfall
Herrgott, diese Abfallberge. Ich weiss, 2,5 Millionen sind eine Menge Menschen. Aber come on. Nirgends ein Depot-System, überall Plastik und von den selbst mitgebrachten Flüssigkeitsbehältern wollen wir jetzt gar nicht erst anfangen. Und dann die Zigarettenstummel. Ü.BER.ALL. Da muss die Stadt nochmal gründlich über die Bücher bis zum nächsten Mal. Zum Glück haben wir in Zürich aber gute Feen, die darauf aufmerksam machen, den eigenen, wiederverwendbaren Becher mitzubringen (danke Valérie) und die Zigistummel in einem portablen Aschenbecher zu sammeln (danke Ajele). Den Aschenbecher hatte ich zwar nicht dabei, habe aber dafür am Sonntagabend ungefähr 291 dieser abgebrannten Dinger aus meiner Hosentasche geklaubt und artgerecht entsorgt. So geht’s auch.

Der Alkohol
Klar, wo gefeiert wird, da fallen die Promille. War so, ist so und bleibt so. Und wer mich kennt, der weiss, dass auch ich dann und wann ordentlich Durst habe. Aber wenn man seinen Pegel nicht kennt, oder ihn schon gar nicht mehr sieht vor lauter Tschüss, dann sollte man gerne mal an seine Leber denken und eine kurze Pause einlegen. Es ist nämlich weder für die anderen Besucher noch für dich selbst lustig, wenn du voll bis unter den Scheitel in jeden hineintorkelst, der nicht gerade in der Laune ist, sich mit einer Hechtrolle aus deiner Schussbahn zu entfernen. Und wenn du jemand bist, der unter Alkoholeinfluss anfängt
rumzupöbeln, dann solltest du sowieso Himbeersirup als Alternative in Betracht ziehen.

Die Masken
Zürich hat – zugegebenermassen – nicht wirklich den Ruf der authentischsten Stadt auf Erden. Zu viel ist Schein statt Sein, zu viel ist gesehen werden statt das Leben fühlen. Aber irgendwie habe ich das Gefühl, dass seit dem letzten Zürifäscht eine regelrechte Instagramisierung stattgefunden hat. Jeder ist herausgeputzt bis aufs letzte Nasenhaar, die Make-Ups sind teilweise genau so himmelschreiend wie der bereitwillig zur Schau gestellte Körperkult (aller Geschlechter!) und sowieso: wer nicht aussieht wie ein Influencer, hätte auch direkt zuhause bleiben können. Dabei hat diese Stadt so viele einmalige Charaktere zu bieten, die sie erst zu dem wundervollen Schmelztiegel der Kulturen macht, der sie ist. Ich möchte keinem vorschreiben, wie er zu leben, sich zu kleiden oder zu stylen hat, nichts läge mir ferner, aber irgendwie finde ich diesen Einheitsbrei schade. Darum in drei Jahren, wenn’s nach mir ginge, bitte etwas mehr “Du” und etwas weniger “Hype”.

Das Programm
Zürifäscht heisst Ausnahmezustand. Und das musste dem Geniesser elektronischer Tanzmusik unmissverständlich klar werden, wenn er sich die unzähligen Tanzveranstaltungen angesehen hat, die letztes Wochenende über die Bühne gingen. Auf gefühlten 87 Stages hat jeder, aber auch wirklich JEDER, der irgendwie, irgednwo auf irgendeine Art mit elektronischer Tanzmusik zu tun hat seinen Beitrag zu unserem Stadtfest geleistet. Und das finde ich wundervoll. Denn zu lange haben wir uns in den Kellern versteckt, uns nicht in die Öffentlichkeit gewagt und unsere Leidenschaft nicht mit Aussenstehenden geteilt. Was für mich vor 3 Jahren seinen Anfang nahm (siehe auch Street Parade), hat heuer am Zürifäscht mit letztem Nachdruck seine Berechtigung bestätigt. Wir sind hier und wir sind ein Teil dieser Stadt.

Die Mukke
Last but not least: die Musik. Viel wurde im Vorfeld diskutiert. Über Dezibel und Lautstärken, über Lärm und Lärmklagen, über darf man, soll man, will man nicht und auch ich habe hier dazu meine Meinung kundgetan. Und auch wenn ich immer noch der Ansicht bin, dass man an einem Anlass wie dem Zürifäscht (aber auch generell) ein bitz den Stock aus dem Arsch nehmen sollte, so muss ich doch zugeben: so schlimm war das dann doch nicht mit den 93 bzw 96 dB. Ob das nun daran lag, dass sich die Veranstalter manchmal nicht darum geschert haben, oder die Anlagen entsprechend eingestellt wurden, oder es tatsächlich nicht so verheerend war wie gedacht, entzieht sich meines Wissens. Ich weiss nur: ich hatte saumässig Spass.

Ich freue mich jetzt schon aufs Nächste Zürifäscht wie ein Chihuahua auf seine Tragetasche.
DANKE ZÜRI, DICH LIEBI.