Joel Meier ist Präsident des Street Parade-Komitees und Herausgeber des RCKSTR Magazins.
Wer bist Du wirklich?
Visionär? Punk? Harmoniesuchti? Stadtkind? Bünzlischweizer? Chaot? Naturliebhaber? Sensibelchen? Querdenken? Faulenzer? Rastloser? Spassbremse? Feiermeier? Irgendwie von allem etwas. Was ich ganz sicher habe, ist ein ausgesprochenes Interesse und Gespür für Menschen, Musik und Stimmungen. Mich interessieren Fakten, Hintergründe und Zusammenhänge aus allen Themengebieten und ich versuche, sie zu einem grossen Ganzen zusammenzusetzen. Ich bin deshalb täglich dankbar, dass ich diesen Beruf ausüben darf, ein Beruf in dem ich mit unterschiedlichsten Menschen, Aufgabenstellungen und Interessen in Berührung komme, in dem ich mit Musik und Menschen Stimmungen einfangen oder kreieren darf. Und dann bin ich natürlich auch ein klassischer Anführer. Ich liebe es mit Menschen Höchstleistungen zu vollbringen, mit ihnen Unmögliches auf die Beine zu stellen und Grenzen zu verschieben. Zwischen all den intensiven Momenten liebe ich aber auch den Rückzug in die Stille.

Was liebst Du an Zürich?
An Zürich lieb ich vor allem den revolutionären Geist, der in dieser Stadt wahrscheinlich seit Zwingli mitschwingt. Alles darf hinterfragt, anders versucht und anders angepackt werden. In dieser Stadt geht es bis hinauf in die Verwaltung und in die Politik grundsätzlich nicht darum, wie etwas verhindert, sondern wie etwas ermöglicht werden kann. Vorausgesetzt natürlich, der Zürcher wird höflich gefragt. An Zürich liebe ich ausserdem den Anspruch, sich in allen Lebenslagen stets nur mit dem Besten zufrieden zu geben. Bestes Kulturangebot, beste Bildung, beste Gastronomie, bestes Clubbing, beste Architektur, bester ÖV, beste Sportclubs… die Liste liesse sich beliebig fortsetzen oder in einem Anspruch zusammenfassen: beste Lebensqualität.

Was hasst Du an Zürich?
Dass in der Innenstadt nach wie vor mehr Arbeitsplätze als Wohnraum (für die dazu benötigten Arbeitnehmenden) gebaut werden. Wenn immer noch mehr Menschen pendeln müssen, werden sich Zürichs Träume der 2000-Watt-Gesellschaft, oder gar der Emissionsneutralität, nie erreichen lassen. Was auch richtig nervt, ist, dass in dieser Stadt Fussgänger und Velofahrer nach wie vor als Fleischhindernisse gegen das rollende Blech eingesetzt werden. An vielen Stellen ist es eine Zumutung sich im Öffentlichen Raum zu bewegen. Und das nicht, weil es keinen Platz gibt, sondern weil Verkehrsplaner das so wollen.

Herrscht in Zürich der Event-Overkill?
Voll nöd. Ich freue mich, wie viele Events für die unterschiedlichsten Zielgruppen in Zürich nebeneinander funktionieren können. Und ich freue mich daran, wie viele neue Ideen in Zürich realisiert werden und gestandene Eventmacher dazu animiert werden, sich weiterzuentwickeln – sogar das Sächsilüüte <3

Deine besten Street Parade-Erinnerungen?
Der grösste Gänsehaut-Moment ist bei jeder Street Parade, wenn am Morgen all die tollen, liebevoll dekorierten Love Mobiles eintreffen. Es ist immer wieder überwältigend, wie viele Menschen mit Haut und Haar für diese Veranstaltung leben. Unvergessen sind auch die Schweigeminute für das Unglück in Duisburg und das spätsommerliche Abendlicht, als die Parade wegen einer Baustelle erst Ende August stattfinden konnte. Nie zuvor (oder danach) hat die Street Parade so golden gefunkelt. Wobei ich ja noch immer den Verdacht hab, dass da nicht die Sonne, sondern die Glitzerfee aus dem Klaus am Werk war.
