Bitzli Liebi in den ÖV

Wenn wir ausgehen sind wir fröhlich und ausgelassen. Wir haben kein Problem damit auf andere Menschen zuzugehen und sie zu umarmen – körperliche Nähe ist voll ok. Klar spielt da Alkohol eine grosse Rolle, aber was ist es denn alles sonst noch, das uns ab Freitagabend in ein empathisches Wunderpaket verwandelt und am Montagmorgen im Tram wieder zurück in eine soziale Katastrophe? Es gibt wohl kaum etwas deprimierenderes und unangenehmeres als zur Rush Hour im Tram oder im Zug festzusitzen. Warum werden Herr und Frau Schweizer in ÖV zu Herr & Frau Grummlibär? Wir brauchen unbedingt ein bisschen Ausgangsfeeling in den ÖV und damit meine ich nicht grölende, johlende und betrunkene Kreaturen, sondern einfach ein bitz mehr Liebe.


„Isch dä Platz no frei?“

Ist sone typische Schweizer Kotzfloskel. Natürlich reserviere ich im 4er am Bellevue nicht für meine erst am Central einsteigende Freundin einen Platz… Tauschen wir doch diese „Möchtegernanstandsfrage“ in ein freundliches „Grüezi“, ein herzliches „Guten Tag“, ein reduziertes „Hoi“ und ein freundliches Lächeln. Oder nicht?


Lächle und die Welt lächelt zurück

Lächeln wäre dann das Nächste, was ich in den ÖV vermisse. Manchmal erblicke ich ein kleines Schmunzeln, wenn jemand was Witziges auf dem Phone gesehen hat. Das wär’s aber auch schon. Also… ich muss ja jetzt nicht in ein 4er Abteil sitzen, Witze raushauen und die Leute dazu bringen sich vor Lachen zu krümmen. Aber einander kurz anlächeln, wenn man sich hinsetzt fände ich schon freundlich. Und liebe Frauen: Nicht jeder Mann der Euch anlächelt will euch gleich flachlegen, es gibt auch einfach noch dein einen oder anderen sympathischen Herrn.

via GIPHY


Gesundheit sagen

Wir sind doch alle so erzogen worden, dass wir Gesundheit wünschen wenn jemand niest. Das kann man durchaus auch in der Öffentlichkeit mal machen. Ich freu‘ mich immer, wenn mir jemand Gesundheit wünscht. Und es ist eine Selbstverständlichkeit für mich, auch Unbekannten bei Gelegenheit dasselbe zu wünschen. Oder wie wär’s, wenn wir mal jemandem im Vorbeigehen „Än Guete“ wünschen? Davon natürlich ausgenommen sind jene, die ohne die Hand vor dem Maul einem mit voller Wucht alle Arten von Bazillen, Viren und Bakterien in den Nacken knallen. Oder diejenigen, die ihren Döner mit extra viel Zwiebeln im Tram vom Paradeplatz zum Hauptbahnhof essen. Bestenfalls um 17.30 Uhr.

via GIPHY


Einander helfen

Zum Beispiel Frauen mit Kinderwagen. Ich sehe immer wieder, wie Männer unauffällig weggucken, wenn eine Frau mit ihrem Kinderwagen angerollt kommt. Ja… ich bin jetzt auch nicht der Ultrafan von schreienden Kindern in Tram und Bus, aber hey: Stell dir vor, es wäre deine Schwester, Frau oder deine Mamma, die mit Baby rumcruist und die dann Hilfe braucht um ins Tram einzusteigen. Da hilft man einfach und zwar wir alle. Auch blinden Menschen, älteren und gwaggligen Ömis und Öpis oder allen Anderen, die auf eine helfende Hand angewiesen sind. Das gibt ein gutes Gefühl: Probier’s mal aus!


Kommunikation

Wie doch immer im Zusammenleben scheitert die Harmonie an einer nicht funktionierenden Kommunikation. Passiv-aggressives Schnauben, theatralisches Aufstehen und einen anderen Platz suchen oder absichtliches Stossen sind verdammt kindisch und unnütz. Warum kann man nicht freundlich und gezielt sagen, was einen stört? Oder was man gerne hätte? Zum Beispiel, dass die Dame ihre Tasche vom Sitz nimmt, damit man sich hinsetzen kann? Nein… man knallt lieber die Absätze auf den Tramboden und stampft mit schüttelndem Kopf und fluchend vorbei. Himmelherrgott… redet miteinander, anstatt ständig in Wände der Ignoranz zu laufen! Das Gegenüber ist vielleicht ganz lieb und gesellig – wenn man’s nur zulässt.

via GIPHY

Wenn ich mir das so durchlese und mir dann vorstelle wie ich tanzend durchs Tram hüpfe und links und rechts von mir meine Mitmenschen ansmile oder ihnen „Än Guete“ wünsche, dann seh ich vor meinem inneren Auge, wie ich schräg angekuckt werde und wie die Leute denken, ich hätte einen Überknall. Hab’ ich ja auch. Und es ist mir sowas von egal – ich bin sogar stolz drauf! Denn dieses kleinbürgerliche und egoistische „Jederfürsich-Verhalten“ nervt mich nämlich schampar fest. Da hab ich lieber einen Knall und bin freundlich, als dass ich so griesgrämig und verbissen auf meinem Platz hocke und schon eine Krise bekomme, wenn mich ein anderer Ellbogen nur leicht touchiert. Locker und freundlich sein bedarf vieler Nerven, ich weiss. Ich möchte auch gerne und oft einfach ausrasten und die Leute schütteln, aber man kommt damit halt nie soweit wie mit einem Lächeln… happy day!