5 Partys fürs WE von Juli Lee

Juli Lee ist DJ, Herzbernerin und Neuzürcherin.

Erst mal vorweg: Ich bin ziemlich stolz auf die elektronische Musikszene in der kleinen Schweiz. Umgeben von inspirierenden Künstlern, von Veranstaltern mit Herzblut und einer Musik-affinen Feiergemeinschaft, bin ich stolz, dankbar und glücklich, dieses Fleckchen Erde mein Zuhause nennen zu dürfen.

Wenn wir nun aber etwas näher ranzoomen, ist diese kleine Schweiz doch ziemlich fragmentiert und der interkantonale Zusammenhalt lässt oft zu wünschen übrig. Ich plädiere für weniger „Kantönligeist“! Äuä scho! Warum nicht lieber den Fokus auf Dinge richten, die uns verbinden anstatt auf solche, die uns trennen? Gerade bei elektronischer Tanzmusik tritt der gemeinsame Nenner (die Musik) derart stark in den Vordergrund, dass dieser den ganzen Raum einnimmt. Eben solche Musik vermag sogar Personen zusammenzuführen, die im alltäglichen Leben sonst nie zeitgleich im selben Raum anzutreffen sind. Und doch sind sie da und strahlen sich an.

Trotz meiner tiefen und ewigen Liebe zu Bern, führten mich meine interkantonal-musikalischen Erkundungszüge in den letzten Jahren immer häufiger in die schillernde Stadt am See. Anfang Oktober habe ich dieser Anziehung Tatsachen folgen lassen: Z’ Bärner Meitschi isch itz i däm Tsüri. Obwohl ich bereits so oft hier gewesen bin, nehme ich den Ort nun ganz neu wahr und mir fallen immer mehr Details auf. Ich erkunde Strassen und Bars rund um meine Wohnung, lerne wo ich was wann und wie entsorgen muss, versuche mir Wege und Orte besser zu einzuprägen (die Entschuldigung furs Zuspätkommen wegen Verlaufens zieht bald nicht mehr – selbst mit berndeutschem Akzent). Und ich grüsse Leute im Quartier mit Vornamen. Meine „Neuankunft“ in Zürich ist wohl auch der Grund, warum ich diese Woche 5 Tipps abgeben darf. (Anmerkung der Redaktion: Eigentlich nein… Hat was mit Sympathie zu tun.)


Freitag: 4 Jahre Kanonaegass Bar

Nach der lieben Tante Frieda letztes Wochenende, öffnet nun die kleine, wundervolle Bar an der Militärstrasse ihre Tore für die Überbringer von Geburtstagsgrüssen. Wenn man sich die beiden Musikanten anschaut, die das Geburtstagsständchen spielen werden, liegt es nahe, dass die Gratulanten aus dem Gratulieren gar nicht mehr raus kommen werden und euphorisch „bitte no eine, nume no en Letzte“ rufen werden. Dies nachdem der offiziell letzte Track gespielt ist und dem Summen der Lautsprecher Platz gemacht hat. Das Publikum wird nicht vom Fleck weichen, bis der finale Knall (weil jemand den Mixer ausgeschalten hat bevor der Masterregler unten war) dann deutlich macht, dass ausser der Wurst doch alles ein Ende hat. Heimlich Knüller knüllt schon lange nicht mehr heimlich vor sich hin. Seine Sets gehen direkt ins Herz, sie sind hingebungsvoll und emotional fordernd und die Kinder, die nach seinen hinreissenden Darbietungen gezeugt wurden, ergeben inzwischen wohl eine Zahl, mit der sich ein Kleinstaat gründen liesse. Knülli findet Ohr-Highlights wie kein anderer und zwar unshazambare. Flankiert wird der Berliner von einem Lokalmatador. Es ist gar nicht so einfach ihn in eine Schublade zu stecken (der Typ ist ja auch fast 2m gross), da er immer ganz Matija ist, jedoch unglaublich viele musikalische Facetten sein eigen nennt. Er ist jedenfalls einer derjenigen, die mich seit Tag eins begeistern und die immer wieder zu überraschen vermögen. Happy Birthday liebe Kanonaegassbar! (PS: du schreibst dich ja gleich wie Nici Faerber – AE ist sexy)


Freitag: Klaus

Hier steppt am Freitag der Bär. Also sprichwörtlich. Loi & Bär geben im Fumoir ihre 80er-Lieblinge zum Besten. Wie gut es sich zu 80er Jahre Sound steppen lässt, darf gerne ausprobiert werden. Steppen macht im Fumoir vom Klaus wohl auch mehr Sinn als andere beliebte Tanzstile wie z.B. Shuffeln oder Twerken, da der Platz dort oben ja bekanntlich schon ohne das Zutun von Loi & Bär für exzessive „Ich-Tanz-Meinen-Namen“-Action eher suboptimal ist. Wer dies dennoch tun möchte, soll es doch mal einen Stock tiefer versuchen. Dort ist vielleicht ganz zu Beginn der Party etwas mehr Platz um sich ausdruckstänzerisch zu verwirklichen. Auch hier muss jedoch der Raum jedes anderen Tanzenden respektiert werden und Respekt für die Mitmenschen wird im Klaus ganz gross geschrieben. Oder war es doch Reh Speck? Leben und leben lassen und das mit ganz viel Liebe und Empathie im Herz – ohne Liebe ist eh alles doof. Der Abend läuft unter dem Motto 80er und darf auch Outfit-seitig berücksichtigt werden. Den unteren Floor bespielen Workinprogress, Are:Age & Gleichschritt. Da mir wirklich etwas an den interkantonalen Beziehungen und der Verständigung liegt: In Bern würden wir jetzt sagen: Mir gö zum Bär ga löie. Aber so was wie ‚Löie’ machen Zürcher wahrscheinlich nicht… das machen nur die gemütlichen Berner. Damnit… schon wieder diese Vorurteile.


Freitag: 2 Jahre Sihl Records (Market & Rave) in der Zukunft

Der Freitag hat es in sich. In der Zukunft geht es bereits um 17 Uhr los und auch hier wird Geburtstag gefeiert. Der Plattenladen im Kreis 3 wird zwei. Beim Lesen des Eventbeschriebs hatte man mich bereits beim zweiten Satz: „Der Plattenladen ist ein sozialer Ort. Zumindest sollte er das sein; ohne elitäre Allüren und zugänglich für alle. Denn durch einen niederschwelligen Austausch über und von Musik können Freundschaften und neue Verbindungen entstehen. …“
Finde ich unglaublich sympathisch! Mich langweilt die “Vinyl vs. Digital”-Diskussion, da beide Medien ihre Vor- und Nachteile haben. In meinen Augen hat das schwarze Gold nämlich noch eine ganz andere Qualität, eine,  die unmittelbar und ohne Vergleich erfahrbar ist: Es hat etwas sehr Sinnliches an sich, erstmals eine Platte auszusuchen, sie aus dem Umschlag zu nehmen, auf den Plattenspieler zu legen und auf ihr die Nadel zu platzieren. In der Zeit von Playlists, bei denen von Track zu Track gezappt wird, hat die Haptik und Hörart einer Vinylplatte etwas wunderbar Entschleunigendes – einfach mal selbst versuchen! Vinyl Market ab 17:00 und später dann Rave. Wer gleich durchziehen möchte, muss auch nicht verhungern: Bella Pasta Ciao kümmert sich um dein Hungergefühl NACH dem Plattendurchstöbern. (Nicht mit den pastaverschmierten Fingern auf die Platten patzen!) Schön gibts dich Sihl Records. Alles Gute zum Geburtstag!


Freitag: DDOADH im Hive

Ich glaube es  erübrigt sich inzwischen darauf hinzuweisen, dass es allenfalls sinnvoll wäre den Montag frei zu nehmen. Nochmal ein Geburtstag! DurchDieOhrenAufDieHaut wird neun Jahre alt. Manon, die Gründerin des Labels, lässt sich an diesem (ihrem) Ehrenanlass nicht lumpen. Andre Galluzzi ist Headliner. mit Unterstützung von Manons Protégé Aaron Khaleian, sowie von Banzai, Ezikiel, Jimi Jules, Ken Benovi, Kreisel, L-Dopa & Missy Müller, Mar Dean, Playlove, RobinVan Loxley, Sabaka, Styro, Trees Talk und natürlich Manon herself. Es wird Besuch von Außerirdischen erwartet, ein fantastisches elektronische Berner (ups… da drückt der Kantonalstolz durch) Duo gibt ein Konzert und wer Manon kennt,  der weiss, dass sie auch mit dem Aufwand für Deko und Ambiente nicht geizt. Sie verrät nicht viel, aber es tönt verheissungsvoll.

PS: Sie will ja nicht so genannt werden, aber irgendwie ist die Dame eben doch irgendwie die Techno-Königin Zürichs und wenn die Königin zum Ball ruft, geht man besser hin – sonst muss man sich nächstentags erzählen lassen, was man Schönes verpasst hat.


Samstag: Ausgebüxt in Friedas Büxe

Über die Frieda gab’s ja viel zu lesen und zu hören. Neun Jahre sind eine lange Zeit in der Club-Landschaft und genauso alt wurde die Büxe am vergangenen Wochnenende. Nun aber zur Ausgebüxt: Britta Arnold hat die elektronische Musik in Berlin mitgeprägt. Bar25 und Katermukke sind zwei Stichworte, die einem bei der Grande Dame der deutschen Hauptstadt einfallen. Ausserdem hat sie gemeinsam mit ihrem Partner Unders das Label Happy Camper Records gegründet, das als Namen eine Widmung an das (oft fast nomadisch anmutende) Leben von tourenden DJs trägt. Frieda war für mich Liebe auf den ersten Blick (respektive auf den ersten Beat). Ich fühle mich bei dir einfach immer wohl: Licht stimmt, Sound stimmt, Ambiente stimmt. Irgendwas machst du verdammt richtig.