Fotos: Jan Hedlund / Text: Alex Flach
Kann man Menschen über denselben Kamm scheren, wenn sie sich eine Herkunft teilen? Selbstverständlich haben der kulturelle Hintergrund und das soziale Umfeld in dem man aufwächst grossen Einfluss auf unsere Denk- und Handlungsweise. Aber auch Intelligenz, eine entsprechende Bildung und Empathie machen uns aus. Wir befragen hier nicht nur Danial, wir befragen auch uns selbst.

„Ich bin 19 und stamme aus dem Iran. Ich bin bisexuell: Ich interessiere mich für Personen und nicht für Geschlechter. Zu meiner Familie habe ich keinen Kontakt mehr. Das ist noch nicht lange so: Meinen Vater habe ich nach meiner Flucht noch getroffen. Aber inzwischen sind einige Dinge geschehen… jedenfalls ist der Kontakt mittlerweile abgebrochen. Ich wurde im Iran missbraucht. Das habe ich zur Anzeige gebracht. Dann ist die Angelegenheit zum Politikum geworden, weil ich mich gegen die Aufklärungsmethode der iranischen Polizei gewehrt habe. Dies in Kombination mit meiner extrovertierten Persönlichkeit wurde schnell zum bedrohlichen Problem. Ich bin dann zu meinem besten Freund und habe ihm erzählt, dass ich fliehen möchte. Er hat nur „okay… let’s go!“ geantwortet“

„Wir sind mit einem Flüchtlingsboot übers Mittelmeer. Auf unserem Schiff waren viele Muslime, die in ihrer Angst nonstop laut gebetet haben, was mir wiederum grosse Angst eingeflösst hat. Diese Gebete auf diesem Plastikboot sind meine prägendste Erinnerung an die Überfahrt. Die Leute die uns in Griechenland empfangen haben, waren sehr nett zu uns. Lauter social workers, Freiwillige mit viel Enthusiasmus und grossem Willen zur Hilfe. Im Camp habe ich Angelina Jolie kennengelernt – sie ist fantastisch“.

„Eigentlich wollte ich nach London. Als mein bester Freund die Schweiz vorgeschlagen hat, meinte ich nur „Switzerwas?“. Heute lebe ich in Fribourg und fühle mich da sehr wohl. Alles ist hier so geordnet, was mir vor allem in der Migros oder im Coop auffällt: Man findet immer sofort was man sucht, alles ist an seinem vorbestimmten Platz. Auch dass in der Schweizer Gesellschaft Gewalt eine nur sehr, sehr untergeordnete Rolle spielt gefällt mir sehr. Ich habe es keine Sekunde bedauert, dass ich hier gelandet bin“.

„Ich wurde hier noch nie angegriffen. Vielleicht weil ich grosses Selbstvertrauen ausstrahle und weil ich mich mit Worten sehr gut verteidigen und meinen Standpunkt verdeutlichen kann. Mir gegenüber manifestieren sich Vorurteile auf andere Weise: Einmal hat sich ein Coop-Mitarbeiter umgedreht und ist einfach weggegangen, als ich ihn etwas fragen wollte. Ich habe ihm dann „come back here!“ hinterhergerufen und dann den Geschäftsführer verlangt. Der hat sich bei mir entschuldigt. Mitarbeiter eines Betriebes sollten sich klarmachen, dass sie während des Jobs nicht nur sich selbst repräsentieren, sondern auch ihren Arbeitgeber. Das gilt auch für die zwei Herren und die Dame von der SBB, die mich mal vor anderen Passagieren im Zug blossgestellt haben. Auch die haben sich zwar entschuldigt, aber man erinnert sich halt an solche Vorfälle, es bleibt etwas haften. und das in Kombination mit dem Betrieb in dem sich solche Dinge ereignen…“.

„Nein… das Lachen habe ich, trotz allem was mir in meinem Leben zugestossen ist, nicht verlernt. Das ist nicht mein Wesen. Aber ich habe schon eine düstere und nachdenkliche Seite, auf der ich das Erlebte verarbeite. Aber die teile ich nicht mit der Welt und erst recht nicht mit der Bühne: Dort bin ich Gigi“.
