Mittwoch bis Sonntag: Zürich liest. Diverse Orte.
Literatur ist die Kunstform, die sich wahrscheinlich am wenigsten für Social Media eignet. Sie braucht eine grosszügig dehnbare Aufmerksamkeitsspanne und lebt nicht von bunten Bildern und Klängen, die man am Megaboom lauter oder leiser stellen kann. Und dennoch… Sollten wir nicht alle (noch) mehr lesen? Zürich liest ist ein durchdachtes Festival mit dichtem Programm, gespickt mit Highlights. Und anstatt hier noch lange weiter zu schwurbeln… Lies selbst:
Zürich liest – Programm (zuerich-liest.ch)
Freitag: Beck In Black. Hotel Bar, ab 22 Uhr
Nun was Gemütliches für zwischendurch. Beck In Black ist ein Überlebender der leider vergangenen Zürcher Ära der Rock-Clubs und war Teil des Abart-Teams. Er war auch Resident im Cactus und weiss also haargenau, wo er in der gigantisch grossen Hard’n’Heavy-Truhe nach Perlen tauchen muss. Zudem verfügt er über ein Faible für Klassiker, so wie wir. Und will man sich in diesem Genre auf einen gemeinsamen Nenner einigen, dann ist der Song nie verkehrt. Kann man auch als Kommentar zur aktuellen Weltlage interpretieren.
Freitag: Mad Katz. Hive, ab 23 Uhr
Julian Muller ist im Bereich des schnellen Techno eine ziemliche Ausnahmeerscheinung ist: Sein Techno ist nicht dark und voller duster wabernder Flächen und auf Repitition bauend. Ganz im Gegenteil: Wenn man die Musik des Belgiers entschleunigt, steht unter dem Strich Vocals-lastiger House, wie er bereits seit den späten 80ern produziert wird, und der sich direct auf Pioniere wie Larry Levan oder Frankie Knuckles zurückführen lässt. Sehr groovy, voller Funk und Seele. Auch Phase Fatale ist ein Musiker, der um die Vergangenheit seines Genres weiss. Bei ihm stammen die Anleihen aber nicht aus dem klassischen House wie bei Muller, sondern dem Elektro. Sehr synthetische und nüchterne Klänge mit üppigen Bögen.
Freitag: 4 The Floor. Space 2.0, ab 23 Uhr
Wer sein Partylabel 4 The Floor nennt, fokussiert sich auf das Wesentliche. Zudem mögen wir diese Wortspielereien mit Zahlen, seit Prince alias The Sign diese mit I Would Die 4 U und Ähnlichem auf die Spitze getrieben hat. Denn: Was Prince für cool befunden hat, IST cool. Und wenn wir schon bei ‘cool’ sind: Mit Yubik, der seine Musik unter anderem via Afterlife unters Volk bringt, spielt hier eine internationale Grösse des Melodic Techno. Zudem ist mit Guzy auch ein Mitbegründer von Radikon mit seinen Platten vor Ort. Die örtliche Auflegerschaft wird durch Chaze & Endos, Tima und Dean repräsentiert.
Sonntag: Literatur & Musik – Alicia Aumüller liest Schwarzenbach. Tonhalle, ab 11:15
Und gleich nochmal Zürich liest. Weil: Hier kommen zwei unserer allerliebsten Dinge auf der ganzen Welt zusammen. Literatur UND Musik. Hendrik Heilmann sitzt am Klavier, die frischgebackene Nationalrätin Anna Rosenwasser übernimmt die Einführung, Alicia Aumüller liest (Auszüge aus Annemarie Schwarzenbachs ‘Eine Frau zu sehen’) und gespielt wird Dora Pejacevics Sechs Fantasiestücke op. 17, Franz Liszts Consolations S 172. Wer so in den Sonntagmorgen startet, der besänftigt sein kulturelles Gewissen für Monate.